GESTELNBURG
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Allgemeine Informationen
Die imposante Anlage über dem Dorf Niedergesteln, im 13. und 14. Jhdt. Wohnsitz der einflussreichen Freiherren von Turn, spielte in der Walliser Geschichte eine bedeutende Rolle. Sie erhebt sich auf einer steilen, exponierten Felsrippe am nördlichen Talrand. Die Burg, die sich auf drei Terrassen verteilt, wurde 1989 archäologisch untersucht.
Informationen für Besucher
Geografische Lage (GPS)
WGS84: 46° 18' 49.40" N, 07° 47' 00.10" E
Höhe: 717 m ü. M
Topografische Karte/n
Schweizer Landeskarte: 626.550 / 129.200
Kontaktdaten
k.A.
Warnhinweise / Besondere Hinweise zur Besichtigung
Der oberste Punkt des Burgfelsens ist nur über eine kurze Kletterei erreichbar.
Anfahrt mit dem PKW
Von der Kantonsstrasse 9 nach Niedergesteln in nördlicher Richtung in die Rottustrasse abbiegen. Die Strasse führt durch eine Bahnunterführung und über die Rhone zum Dorf. Im Ort links in die Hauptstrasse abbiegen und dieser bis zum Parkplatz Jolibach folgen. Der kurze Zugang zur Ruine ist vom Dorfzentrum her ausgeschildert.
Anfahrt mit Bus oder Bahn
Von Sion mit der Bahn bis nach Visp oder Turtmann. Ab hier weiter mit der Buslinie 491 bis zur Haltstelle Niedergesteln, Weiderli. Im Dorf dem beschilderten Aufgang zur Ruine folgen.
Wanderung zur Burg
k.A.
Öffnungszeiten
ohne Einschränkung
Eintrittspreise
kostenlos
Einschränkungen beim Fotografieren und Filmen
ohne Beschränkung
Gastronomie auf der Burg
keine
Öffentlicher Rastplatz
keiner
Übernachtungsmöglichkeit auf der Burg
keine
Zusatzinformation für Familien mit Kindern
keine
Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer
nicht möglich
Bilder
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Grundriss
Grundriss Gestelnburg
Quelle: Donnet, André / Blondel, Louis - Burgen und Schlösser im Wallis | Olten, 1963 | S. 165 | überarbeitet von U. Hitz, 2021
Historie
Beschreibung der Burganlage
Oberhalb von Niedergesteln, am rechten Rhoneufer, erhebt sich auf einer exponierten Felsrippe die Ruine der Gestelnburg. Die Anlage ist bergseitig durch einen tiefen Halsgraben geschützt und verteilt sich auf drei Geländestufen. Auf der Untersten befanden sich das erste Tor, Dienstwohnungen, Wirtschaftsgebäude und eine noch erhaltene Zisterne. Eine kleine Pforte im Westen erlaubte den Zutritt zur Burgsiedlung. Dieser Teil war von starken Mauern umgeben, welche beiden Flanken entlang zum Palas hinaufführten. Dieser konnte talseitig nur über eine steile Rampe betreten werden. Seine Ruine dominiert die mittlere Geländestufe und nimmt die ganze Hügelbreite ein. Im Grundriss misst das Gebäude 40 x 13 Meter, mit bis zu 3 Meter dicken Mauern. Bergseitig wurde eine grabenartige Vertiefung aus dem Hang gemeisselt, die mittels Zugbrücke überquert werden konnte. Ein Turm verstärkte den Palas auf der Westseite zum Tal hin.
Bei der 1989 erfolgten archäologischen Untersuchung des Hauptgebäudes stiess man auf eine mächtige Brandschicht. Der Palas muss aus mindestens einem Obergeschoss bestanden haben. Das Erdgeschoss wies ursprünglich drei grosse, durch Mauern getrennte Räume mit verschiedenen Bodenniveaus auf, von denen jenes des westlichen Saales am tiefsten lag. Hier wurden viele Fragmente glasierter Ofenkeramik in einem kegelförmigen Haufen gefunden. Sie stammen von einem reich verzierten Reliefkachelofen, der sich einst im Obergeschoss befand.
An der höchsten Stelle des Burgfelsens stand ein Rundturm, von dem heute nur noch die konservierten Grundmauern zu erkennen sind. Ihm talseitig vorgelagert war eine Bastei. Diese Teile der Burg werden in die Zeit um 1265 datiert. Unter ihnen befindet sich ein natürlicher unterirdischer Gang, der noch heute begangen werden kann. Ob er im Mittelalter eine Funktion hatte, ist unklar.

Die Ursprünge von Burg und Herrschaft
Die Anfänge der Herrschaft Gesteln lassen sich bis ins 12. Jhdt. zurückverfolgen. Bis 1179 verwaltete ein Anselm von Gesteln das Reichslehen, zu dem auch das Lötschen- und das Nikolaital gehörten. In jenem Jahr trat er es an Bischof Cono von Sion ab, der nun Wilhelm I. von Turn mit der Herrschaft «Chastellon» belehnte. Wilhelm ist der erste bekannte Vertreter der Familie, die möglicherweise aus der Dauphiné stammte. Bereits 1157 amtete er als Viztum von Ollon und Vouvry, und um 1179/1184 war er Meier von Sion. Sein Bruder Amadeus bekleidete von 1162 bis 1168 das Amt des Bischofs.

Höhepunkt der Macht der von Turn
Peter II. (†1233) gilt als Begründer des Zweiges der von Turn-Gesteln. Auch er war Viztum von Vouvry und Ollon, Mitherr von Bex und Meier von Sion. Sein Sohn Girold I. war verheiratet mit Jordana de Grandson-Champvent. Er liess Niedergesteln wahrscheinlich umbauen und vergrössern. Peter IV. (†1308) nannte sich als erster Freiherr von Niedergesteln. 1291 war er Landvogt in der Waadt in savoyischen Diensten. Er unterlag 1294 bei Leuk mit dem Walliser Adel den Truppen des Bischofs von Sion.
Sein Sohn Johann war der bedeutendste Vertreter der Familie. In erster Ehe war er mit Elisabeth von Wädenswil verheiratet, die ihm die Herrschaften Mülenen und Frutigen im Berner Oberland in die Ehe brachte. Er kämpfte für Kaiser Heinrich VII. in Oberitalien und war dessen Statthalter in Como und Mailand. Sein Bruder Aymo hingegen war 1323-1338 Bischof von Sion.

Verkäufe und Machtkämpfe um die Mitte des 14. Jhdts.
Nun hatte die Familie den Zenit ihrer Macht überschritten. Johanns Sohn Peter V. verkaufte das Pfand Laupen an Bern und die Herrschaft Mülenen an die Freiherren von Weissenburg. 1346 veräusserte er auch seine Eigenleute im Lauterbrunnental, die Lötscher (Walser), ans Kloster Interlaken. Vermutlich weil ihm Bischof Witschard Tavelli das Meieramt von Leuk verweigerte, kam es zwischen den beiden 1349 zu einer ersten Fehde. Die mit den von Turn verbündeten Oberwalliser erlitten jedoch 1350 eine schwere Niederlage gegen den Bischof und die Grafen von Savoyen. Peter V. von Turn wechselte nun die Seiten und unterstellte sich 1356 der Schirmherrschaft Savoyens, während sich die Oberwalliser neu mit Bischof Tavelli verbündeten. Es brachen neue Kämpfe aus, und 1365 zerstörten die Oberwalliser in Niedergesteln 30 Häuser. Die Burg wurde 1367 über acht Wochen belagert, allerdings ohne Erfolg.

Zusammenbruch der Herrschaft und Ende der Gestelnburg
In den Friedensverhandlungen von Evian musste Peters Sohn Anton I. 1368 den Lehenseid an den Bischof leisten. Dieser wurde im Gegenzug verpflichtet, 1500 Gulden Schadenersatz an die Freiherren von Turn zu bezahlen. Der Konflikt schwelte jedoch weiter, und am 8. August 1375 wurde Bischof Tavelli im Château de la Soie (Seta) von Gefolgsleuten Antons von Turn grausam ermordet. Nun erhoben sich die Talleute und besiegten nur zehn Tage später von Turns Truppen im Gefecht bei St. Léonard. Anton I. floh schwer verletzt an den Hof des Grafen Amadeus VI. von Savoyen. Im folgenden Jahr veräusserte er seine Herrschaftsrechte im Wallis an Savoyen und erwarb stattdessen 1380 die Herrschaften Illens und Arconciel. Mit Anton I. endete 1405 die Linie der Freiherren von Turn.
Graf Amadeus VI. verkaufte die Gestelnburg an seinen Neffen Eduard weiter, den neuen Bischof von Sion. Dieser setzte einen Kastellan auf der Burg ein. Seine Bestrebungen, ein savoyisches Verwaltungssystem einzuführen, mündeten 1384 aber in einen erneuten Volksaufstand, bei welchem die Gestelnburg eingenommen und gründlich zerstört wurde.
In den Jahren 1984 bis 1993 wurde die Ruine untersucht und konserviert. 2015 wurde der «Ritterweg» eingeweiht, der entlang dem Zugang zur Burg die Geschichte der Freiherren von Turn aufzeigt.
Quellen: Zusammenfassung der unter Literatur angegebenen Dokumente, inkl. Infotafeln auf der Burg
Literatur
  • Bitterli, Thomas - Schweizer Burgenführer, mit Einschluss des Fürstentums Liechtenstein | Basel/Berlin, 1995 | Nr. 746
  • Blondel, Louis - Le château des de la Tour-Châtillon à Bas-Châtillon (Niedergesteln) | In: Vallesia, Bd. 6 | Sion, 1951 | S. 43-57
  • Donnet, André / Blondel, Louis - Burgen und Schlösser im Wallis | Olten, 1963 | S. 162-165
  • Duruz, Albert (Solandieu) - Les Châteaux Valaisans | Lausanne, 1912 | S. 68-70
  • Fibicher, Arthur - vom Turn | In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Stand vom 26.08.2021: : hls-dhs-dss.ch
  • Kalbermatter, Philipp | Die Familie von Turn von Sitten und Niedergesteln | Turtmann, 2011
  • Keck, Gabriele | Ein Kachelofen der Manesse-Zeit: Ofenkeramik aus der Gestelnburg/Wallis | In: Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 50/Heft 4 | Zürich, 1993 | S. 321-356
  • Meyer, Werner (Red.) - Burgen der Schweiz, Bd. 4: Kantone Genf, Waadt, Wallis | Zürich, 1981 | S. 75-85
  • Siegen, Johann | Gemeinde und Priorat Niedergesteln | Blätter aus der Walliser Geschichte, Bd. 13 | Brig, 1964, | S. 439-493
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