BURG RICHENSEE
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Allgemeine Informationen
Gut erhaltener, 15,8 Meter hoher Turmsockel aus eindrücklichem Megalith-Mauerwerk, der um 1240 durch die Grafen von Kyburg errichtet wurde. Die Turmburg war der Sitz eines Vogtes, bis Richensee im Sempacherkrieg mit den Eidgenossen paktierte und deshalb am 9. Februar 1386 durch die Habsburger zerstört wurde.
Informationen für Besucher
Geografische Lage (GPS)
WGS84: 47° 13' 12.46" N, 08° 15' 06.86" E
Höhe: 466 m ü. M
Topografische Karte/n
Schweizer Landeskarte: 661.600 / 230.230
Kontaktdaten
k.A.
Warnhinweise / Besondere Hinweise zur Besichtigung
keine
Anfahrt mit dem PKW
Ab Emmenbrücke bei Luzern in nördlicher oder ab Lenzburg in südlicher Richtung der Hauptstrasse 26 durch das Seetal bis zur Bahnstation Hitzkirch (zwischen Ermensee und Gelfingen) folgen. Beim Bahnübergang in südwestlicher Richtung abzweigen – das Strässchen führt nach wenigen Metern am Burgturm vorbei. Parkmöglichkeiten am Bahnhof oder im Ortszentrum von Richensee.
Anfahrt mit Bus oder Bahn
Ab Luzern oder ab Lenzburg mit dem Regionalzug (S9) bis Hitzkirch. Der Turm befindet sich 300 Meter südlich der Bahnstation.
Wanderung zur Burg
k.A.
Öffnungszeiten
nur Aussenbesichtigung möglich
Eintrittspreise
-
Einschränkungen beim Fotografieren und Filmen
ohne Beschränkung
Gastronomie auf der Burg
Das Gasthaus Löwen liegt direkt neben dem Turm.
Öffentlicher Rastplatz
keiner
Übernachtungsmöglichkeit auf der Burg
keine
Zusatzinformation für Familien mit Kindern
keine
Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer
möglich
Bilder
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Grundriss
Grundriss Richensee
Quelle: Meyer, Werner (Red.) - Burgen der Schweiz, Bd. 8: Kantone Luzern und Aargau | Zürich, 1982 | S. 28 | überabeitet von O. Steimann, 2014
Historie
Die Grafen Hartmann IV. und Hartmann V. von Kyburg schlossen 1237 mit dem Stift Beromünster einen Vertrag ab, der die Rückgabe von entwendeten Gütern durch die Grafen vorsah. Als Gegenleistung überliess das Stift den Kyburgern ein Grundstück bei Ermensee «cum palude et pratis» (mit Sumpfland und Wiesen), auf welchem diese eine Befestigung errichten wollten als Verwaltungszentrum für ihre Güter und Rechte im Seetal. Der Platz lag am Verbindungsweg zwischen unterem Aaretal und Luzern, weshalb er auch mit einem Zollrecht ausgestattet wurde. Der Bau des Turms von Richensee wurde wohl unmittelbar nach der Landabtretung in Angriff genommen, denn bereits 1242 wird ein Arnold von Richensee als kyburgischer Vogt erwähnt.
Die frühere Forschung hat die Entstehung des Turms allerdings viel weiter zurückdatieren wollen und ihn gar den Römern zugeschrieben, weshalb das Bauwerk auch heute noch «Römerturm» genannt wird. Grund dafür sind die bis zu 3,7 Meter dicken, aus groben Findlingssteinen errichteten Turmmauern. Dieses Megalithmauerwerk entsprach jedoch einem um die Mitte des 13. Jhdts. zwischen Alpen und Rhein beliebten Baustil, welcher der Burg ein besonders wehrhaftes Gepräge verleihen sollte. Der alte Hocheingang befindet sich auf der Westseite in einer Höhe von 10 Metern über Grund. Auf dem Mauersockel stand mindestens ein vorkragendes Obergeschoss aus Holz.

Nach dem Aussterben der Kyburger (1264) kam Richensee an die Grafen von Habsburg. Als deren Lehnsträger amteten die Herren von Grünenberg, die später durch Heirat auch in den Besitz der benachbarten Burg der Herren von Lieli gelangten, die seither ebenfalls Grünenberg genannt wird. Um 1300 erlebte Richensee seine Blütezeit: Es verfügte über 23 Höfe, eine eigene Mühle sowie eine Bäckerei und durfte viermal jährlich einen Markt abhalten. Doch schon bald drohte Gefahr durch die Auseinandersetzungen der Habsburger mit den Eidgenossen. Im 1385 beginnenden Sempacherkrieg kämpfte Johann «der Grimme» von Grünenberg verbissen gegen die eidgenössischen Orte. Wohl weil sie Vergeltungsschläge fürchteten, liessen sich die meisten Bewohner von Richensee ins Burgrecht von Luzern aufnehmen. Dies zahlte sich zunächst aus, als die Luzerner und weitere eidgenössische Kriegerscharen im Januar 1386 ins Seetal vorrückten und mehrere Burgen plünderten, darunter auch Grünenberg. Richensee schloss mit den Angreifern ein Bündnis. Doch nur wenige Tage später wurde die Gegend wieder von habsburgischen Truppen dominiert. Diese machten mit dem abtrünnigen Dorf kurzen Prozess: Es wurde am 9. Februar 1386 in Schutt und Asche gelegt. Gemäss der Klingenberger Chronik aus dem 15. Jhdt. wurden an jenem Tag rund 200 Eidgenossen getötet, während zahlreiche Richenseer in den Flammen umkamen oder im Baldeggersee ertranken.

Die Chronisten der frühen Neuzeit hatten offenbar den Eindruck, dass damals eine aufstrebende Kleinstadt vernichtet und zu einem Bauerndorf zurückgestuft worden sei. Diese Theorie wurde bis Ende des 20. Jhdts. vertreten, weil bei Ausgrabungen in den Jahren 1938 und 1942 vermeintliche Fundamente einer Stadtmauer entdeckt worden waren. Die moderne Forschung konnte allerdings nachweisen, dass es sich dabei um neuzeitliche Uferverbauungen handelt, die nötig waren, weil der Pegel des Baldeggersees früher rund 1,5 Meter höher lag als heute. Eine Stadtbefestigung hat es in Richensee nie gegeben.

Auch nach den Ereignissen von 1386 blieb der Ort unter habsburgischer Herrschaft und veranstaltete weiterhin Märkte – eine Tradition, die bis 1958 fortgesetzt wurde. Der Burgturm blieb vermutlich eine Ruine. Seine Funktion könnte ein unweit nordwestlich gelegenes Haus übernommen haben, das heute «Alte Schmitte» genannt wird: Auf einem spätmittelalterlichen Mauersockel erhebt sich ein doppelstöckiger Holzaufbau mit Balken aus der Zeit um 1405. Auch seine frühere Bezeichnung als «Kornhaus» weist darauf hin, dass das Gebäude mit den Vogteirechten in Zusammenhang gestanden haben könnte.
Um 1415, als die Eidgenossen nach der Verhängung der Reichsacht über Herzog Friedrich von Österreich den Aargau eroberten, kam Richensee an Luzern. Ab 1425 gehörte es jedoch zum Freiamt, das von den sieben alten Orten der Eidgenossenschaft gemeinsam verwaltet wurde. Erst 1803 wurde Richensee endgültig dem Kanton Luzern zugeteilt. Das Dorf mit nur noch 15 Wohnhäusern wurde 1897 als politische Einheit aufgelöst und mit der Gemeinde Hitzkirch verschmolzen. Der Kanton als Besitzer des Turms liess diesen in den 1920er-Jahren sanieren. Weil Teile des Mauerwerks einzustürzen drohten, wurden im Herbst 2013 im Innern erneut Sicherungsmassnahmen ausgeführt.
Quellen: Zusammenfassung der unter Literatur angegebenen Dokumente, inkl. Infotafel beim Turm und aktuelle Medienberichte
Literatur
  • Bitterli, Thomas - Schweizer Burgenführer, mit Einschluss des Fürstentums Liechtenstein | Basel/Berlin, 1995 | Nr. 412
  • Häfliger, Bruno - Richensee: Auf den Spuren eines vergangenen Städtchens | Hitzkirch, 1997
  • Hauswirth, Fritz - Burgen und Schlösser der Schweiz, Bd. 5: Luzern, Zug | Kreuzlingen, 1969 | S. 85-87
  • Heinemann, Franz - Die Burgen und Schlösser des Kantons Luzern | Basel, 1929 | S. 69-71
  • Küng, Fabian - «... ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» - Das mittelalterliche Richensee | In: Mittelalter: Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins, 17. Jhg./Nr. 2 | Basel, 2012 | S. 103-117
  • Meyer, Werner (Red.) - Burgen der Schweiz, Bd. 8: Kantone Luzern und Aargau | Zürich, 1982 | S. 27-37
  • Meyer, Werner / Widmer, Eduard - Das grosse Burgenbuch der Schweiz | Zürich, 1977 | S. 258
  • Reicke, Daniel - «von starken und grossen flüejen»: Eine Untersuchung zu Megalith- und Buckelquader-Mauerwerk an Burgtürmen im Gebiet zwischen Alpen und Rhein [Schweizerische Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters, Bd. 22] | Basel, 1995 | S. 63-64
  • Reinle, Adolf - Die Kunstdenkmäler des Kantons Luzern, Bd. VI: Das Amt Hochdorf | Basel, 1963 | S. 129-133
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