BURG TARASP
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Luftaufnahme G. Beer
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Allgemeine Informationen
Die mächtige Dynastenburg Tarasp, gegründet im 11. Jhdt., überragt das gleichnamige Dorf (Gemeinde Scuol) und gilt als bauliches Wahrzeichen des Unterengadins. Die bis ins 17. Jhdt. umkämpfte Anlage zählt zu den bedeutendsten mittelalterlichen Wehrbauten der Schweiz. Die Burg, die seit 2016 dem einheimischen Künstler Not Vital gehört, wird jährlich von rund 18’000 Personen besucht.
Informationen für Besucher
Geografische Lage (GPS)
WGS84: 46° 46' 44.48" N, 10° 15' 41.63" E
Höhe: 1502 m ü. M
Topografische Karte/n
Schweizer Landeskarte: 815.540 / 184.750
Kontaktdaten
Schlossverwaltung Tarasp | Sparsels 148 | CH-7553 Tarasp
Tel: +41 (0)79 413 05 66 | E-Mail: info@schloss-tarasp.ch
Warnhinweise / Besondere Hinweise zur Besichtigung
keine
Anfahrt mit dem PKW
Der Hauptstrasse 27 das Engadin abwärts folgen und kurz vor Scuol rechts über die grosse Inn-Brücke nach Vulpera abzweigen. Auf dieser Route weiterfahren bis Tarasp-Fontana, das am Fuss des Burgfelsens liegt. Beim Ortseingang links abzwiegen nach Tarasp-Sparsels und dem ausgeschilderten Weg zum Besucherparkplatz folgen (kostenpflichtig).
Anfahrt mit Bus oder Bahn
Mit der Rhätischen Bahn bis zur Station Scuol-Tarasp. Ab hier direkter Postauto-Anschluss nach Tarasp. Die Endhaltstelle liegt am Fuss des Burgfelsens.
Wanderung zur Burg
k.A.
Öffnungszeiten
Die Burg kann nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Keine Voranmeldung nötig. Aktuelle Daten und Zeiten unter:
fundaziun.notvital.ch/schloss-tarasp
Eintrittspreise
Erwachsene: 15 CHF
Kinder (7 bis 15 Jahre): 8 CHF
(Stand 2020)
Einschränkungen beim Fotografieren und Filmen
nur in den Aussenräumen erlaubt
Gastronomie auf der Burg
keine
Öffentlicher Rastplatz
keiner
Übernachtungsmöglichkeit auf der Burg
keine
Zusatzinformation für Familien mit Kindern
keine
Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer
nicht möglich
Bilder
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Grundriss
Grundriss Tarasp
Quelle: Clavadetscher, Otto P. / Meyer, Werner - Das Burgenbuch von Graubünden | Zürich/Schwäbisch Hall, 1984 | S. 199 | bearbeitet von O. Steimann, 2019
Historie
11. und 12. Jhdt.: unter den Herren von Tarasp
Der Name Tarasp wird von «terra aspera» (Ödland) abgeleitet und dürfte darauf hinweisen, dass die Burg bei ihrer Neugründung mitten in einem Rodungsgebiet lag. Die Gründer, das edelfreie Geschlecht der Herren von Tarasp, waren vor allem im Vinschgau begütert und stammten ursprünglich vielleicht aus Oberitalien. Die Anfänge der Burg reichen bis ins 11. Jhdt. zurück: Bereits 1090 werden vier Brüder der Familie «in castro de Taraspes» erwähnt.
Die Festung war damals noch eine bescheidene Anlage und umfasste wohl nur das Gelände der Kernburg. Auf die früheste Zeit zurückdatiert werden die untersten Partien der Ringmauer und Teile der Kapelle mit ihrem wehrhaften Glockenturm. Wohl erst im 13. Jhdt. errichtet wurde hingegen der wehrhafte Palas mit seinen bis zu 2 Meter dicken Mauern, der heute das Zentrum der Burg bildet. Auch die weiteren Elemente der monumentalen Gesamtanlage gehen auf das ausgehende Hochmittelalter zurück oder entstanden in nachfolgenden Bauphasen.

1160 schenkte Ulrich III. von Tarasp seinen Anteil an der Burg dem Bistum Chur, was zu einem üblen Familienstreit führte. Sein Neffe Gebhard fand sich nämlich nicht damit ab, überfiel die Burg und tötete die bischöfliche Besatzung. Ulrich III., sein Vetter Egino von Matsch und der Bischof belagerten daraufhin Tarasp und erzwangen die Übergabe der Burg. Gebhard durfte sie jedoch behalten, indem er sich verpflichtete, im Falle seines kinderlosen Ablebens auch seinen rechtmässigen Anteil dem Bistum zu vererben.

13. bis 15. Jhdt.: unter den Vögten von Matsch
Bereits 1173 starb das mächtige Geschlecht der Tarasper aus, ihre Burg kam auf bisher ungeklärte Weise an die Herren von Reichenberg im Vinschgau. 1239 verkaufte Swiker von Reichenberg Tarasp an Graf Albert von Tirol. Von diesem ging die Burg um die Mitte des 13. Jhdts. an die Herren von Matsch über – eine Seitenlinie der Herren von Tarasp. Als es 1297 zu einer Erbteilung kam, erhielt Ulrich von Matsch unter anderem die Burg Tarasp. Seine Nachfahren gerieten um die Mitte des 14. Jhdts. nach einer verlorenen Fehde in starke lehnsrechtliche Abhängigkeit von der Grafschaft Tirol. Auch unter habsburgischer Oberhoheit blieben die Matscher aber Burgherren und konnten ihre Rechte auch gegen das Bistum Chur behaupten, das wegen der einstigen Tarasper Schenkung noch bis 1421 Ansprüche geltend machte.

Durch Heirat gelangte Tarasp 1422 kurzzeitig an Graf Friedrich VII. von Toggenburg, fiel nach seinem Ableben 1436 aber an die Matscher zurück. 1464 verkaufte Ulrich IX. von Matsch Tarasp für 2000 rheinische Gulden an Herzog Sigmund, was zu einer Fehde zwischen den Unterengadinern und Österreich führte. 1467 wurde zwar vereinbart, dass die Herrschaft Tarasp österreichisch bleiben solle, doch kam der Konflikt nicht zur Ruhe.
Konfessionelle Gegensätze zwischen dem weitgehend protestantischen Unterengadin und dem katholischen Tarasp machten die Dinge nicht einfacher: 1548 und auch 1578 richtete man sich auf der Burg nachweislich auf eine Belagerung ein. Wahrscheinlich aus jener Zeit stammt die äusserste Befestigung des Zugangs: Eine ursprünglich mit zwei Schalentürmen bewehrte Zwingeranlage. 1612 wurde Tarasp trotzdem von den Talleuten erstürmt und verwüstet. Ein Brand nach einem Blitzschlag setzte der Festung 1625 weiter zu.

16. bis 19. Jhdt.: Niedergang und Zerfall
Seit dem 16. Jhdt. wurde die Herrschaft immer wieder verpfändet, unter anderem an die Familien Mor von Zernez und die von Planta. Ab 1687 besassen die Fürsten von Nikolsburg in Mähren Tarasp als erbliches Reichslehen, die Militär- und Steuerhoheit verbleib aber bei Österreich. Letzte Instandstellungsarbeiten an der Burg wurden 1732 vorgenommen, bevor die Herrschaft Tarasp als letzte österreichische Enklave in der Schweiz 1803 dem Kanton Graubünden zugesprochen wurde. Die Burg wurde noch bis etwa 1815 bewohnt, wechselte dann oft den Besitzer und zerfiel in der Folge rasch. 1856 erwarb Nationalrat Andreas R. von Planta die beinahe schon zur Ruine gewordene Anlage und liess immerhin die Bedachung ausbessern.

20. und 21. Jhdt: Instandstellung unter neuen Besitzern
Im Jahr 1900 kaufte schliesslich der deutsche Industrielle Karl August Lingner, Hersteller des Mundwassers Odol, die Gemäuer für 20'000 Franken und liess die Burg bis 1916 wieder in Stand stellen. Dabei wurden den Gebäuden neue Dächer aufgesetzt und der Innenausbau stark modernisiert. Äusserlich hat die Burg aber ihr mittelalterliches Aussehen bewahren können.
Lingner vermachte Tarasp 1916 testamentarisch König Friedrich August III. von Sachsen. Doch der lehnte das Erbe ab, worauf es Ernst Ludwig von Hessen zufiel. Der Grossherzog betraute eine Familienstiftung mit der Verwaltung der Burg und machte sie 1919 der Öffentlichkeit zugänglich. 1974 wurde die Anlage unter Denkmalschutz gestellt.

Weil der Unterhalt der unbewohnten Burg sehr teuer ist und die Einnahmen diese Kosten bei weitem nicht decken können, entschloss sich die Familie von Hessen 2004 zum Verkauf. Um die Burg einem breiten Publikum offen zu halten, bemühten sich die Unterengadiner Gemeinden und eine extra zu diesem Zweck gegründete Stiftung, die Anlage zu erwerben. 2008 konnten sie einen Vertrag mit Vorkaufsrecht abschliessen und erhielten bis 2014 Zeit, das nötige Kapital aufzutreiben. Dies misslang, und die Familie von Hessen wollte den Kaufrechtsvertrag nicht weiter verlängern.
In dieser verfahrenen Situation gelang es dem international erfolgreichen Unterengadiner Künstler Not Vital, dank eigenem Kapital, Bankkrediten und finanziellen Zusicherungen der neuen Grossgemeinde Scuol, die nötigen 7,9 Millionen Franken für den Kauf aufzubringen. Seit Ende März 2016 ist Vital neuer Burgherr von Tarasp. Er hat die bedeutende Wehranlage zu einem öffentlichen Kunst- und Kulturzentrum weiterentwickelt.
Quellen: Zusammenfassung der unter Literatur angegebenen Dokumente, inkl. aktuelle Medienberichte
Literatur
  • Berger, Ric - Burgen und Schlösser in der Schweiz, Bd. 2 | Neuenburg, 1966 | S. 122-124
  • Bitterli, Thomas - Schweizer Burgenführer, mit Einschluss des Fürstentums Liechtenstein | Basel/Berlin, 1995 | Nr. 354
  • Caminada, Pieder - Region Scuol-Tarasp | Chur/Bottmingen, 1988 | S. 20-24
  • Clavadetscher, Otto P. / Meyer, Werner - Das Burgenbuch von Graubünden | Zürich/Schwäbisch Hall, 1984 | S. 199-207
  • Fanzun, Christian / Müller, Iso - Schloss Tarasp [Schnell Kunstführer Nr. 888] | 8. Aufl. | Regensburg, 2010
  • Hauswirth, Fritz - Burgen und Schlösser der Schweiz, Bd. 9: Graubünden 2 und Tessin | Kreuzlingen, 1973 | S. 64-72
  • Lipski, Eli / Locher, André - Schlösser der Schweiz | Bern, 2013 | S. 287-288
  • Meyer, Werner (Red.) - Burgen der Schweiz, Bd. 3: Kanton Graubünden (deutschsprachiger und romanischer Teil) | Zürich, 1983 | S. 93-95
  • Meyer, Werner / Widmer, Eduard - Das grosse Burgenbuch der Schweiz | Zürich, 1977 | S. 64-67
  • Müller, Iso - Die Herren von Tarasp | Disentis, 1980
  • Poeschel, Erwin - Das Burgenbuch von Graubünden | Zürich/Leipzig, 1930 | S. 280-283
  • Poeschel, Erwin - Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden, Bd. III: Räzünser Boden, Domleschg, Heinzenberg, Oberhalbstein, Ober- und Unterengadin | Basel, 1940 | S. 531-538
  • Von Castelmur, Anton - Die Burgen und Schlösser Graubündens, III. Teil: Viamala, Schams, Schyn, Albulatal, Oberhalbstein, Bergell, Engadin | Basel, 1944 | S. 77-84
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